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Weltbilder schaffen und verhindern Orientierung

Eine Welt-Anschauung ist ein Blickwinkel, eine Blickrichtung, die mir mein Leben interpretieren hilft.

Im Wachsen eines Lebewesens kann ich den Willen Gottes erkennen oder die zwangsläufige Folge aus komplizierten biochemischen Vorgängen oder auch das Wirken einer allumfassenden Lebenskraft.

Eine Weltanschauung kann aber auch ein Filter sein, der mich nicht erleben (= sehen, hören, erfahren) lässt, was meiner Weltanschauung widerspricht.

Meine Weltanschauung baut um alles, was sie „ankratzen“ könnte, ein „Problem-anderer-Leute-Feld“ auf, wie Douglas Adams („Per Anhalter durch die Galaxis“) erklärt, wie gut die psychologische Verdrängung bei uns Menschen funktioniert.

Wenn ich versuche, diese Filterfunktion „auszuschalten“, wenn ich versuche, unvoreingenommen alles wahrzunehmen, was mir begegnet, auch wenn es „unmöglich“ ist, kann es passieren, dass ich mein Weltbild überdenken, überarbeiten muss.

Wenn ich ein nettes Gespräch mit meinem Urgroßvater führe, der kurz vor meiner Geburt gestorben ist, muss ich mir wohl überlegen, wie ich Geister in meinem Weltbild unterbringe.

Solange mir keine Widersprüche begegnen – sei es, weil mein Weltbild einen guten Ansatz für die Welt-Wirklichkeit liefert, sei es, weil der Filter gut funktioniert – habe ich einen sicheren Maßstab zur Bewertung und Orientierung in meinem Leben. Solange mir keine Widersprüche begegnen, kann ich mein Weltbild vervollkommnen, es bis in die letzten Konsequenzen ausmalen, meine Grund-Annahmen am Alltäglichen überprüfen und bestätigen.

Aus der Grundannahme der Unitas, der All-Einheit alles Wesens (Wesen = das Seiende/Werdende) folgere ich die untrennbare Einheit von „Körper“, „Geist“ und „Seele“, wie man gewisse Aspekte eines Individuums zu benennen pflegt. Das widerspricht einem Leben nach dem Tode. Aus der All-Einheit folgere ich auch die grundsätzliche Gleich-Wertigkeit aller Lebewesen. Das widerspricht der (in meinen Augen) anmaßenden Sentenz, Gott erwache im Menschen (in dem indischen Sprichwort „Gott schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier und erwacht im Menschen“). Aus meinem Hunger folgere ich, dass es notwendig ist, Pflanzen und gelegentlich auch Tiere zu verzehren. Das widerspricht einem dogmatischen Vegetarismus, aber auch einer industriellen „Lebewesenproduktion“.

Ein Weltbild muss nicht alles erklären können. Nur sollte es zu allem Unerklärbaren und vor allem zu sich selbst nicht im Widerspruch stehen, so wie sich die Vorstellung eines „allmächtigen“ und gleichzeitig „guten“ Gottes widerspricht. Und noch eines darf ein Weltbild nicht sein: unveränderlich. Denn wenn mein Blickwinkel sich nicht mehr auf die Welt richtet, die sich fortwährend verändert, sehe ich irgendwann nichts mehr.