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slahen uf die minnesenger

Polemik eines fahrenden Sängers von niederem Stande

Wagt es doch neulich eine holde junge Maid, mich als Minnesänger anzusprechen! Wohl musste ich ihr zugute halten, dass sie mich nicht willentlich beleidigte, so lasse ich mich doch nicht gerne als Schnulzerich abqualizieren.

So wisset denn, dass jene, die von der Liebe singen, die sie die hohe Minne nennen, zumeist gelangweilte Edelleute sind, die ihr letztes Bisschen Hirn darein geben, mit immer noch verdrehteren Flausen einer Dame ihre ach so grenzenlose Verehrung zu beweisen. Dazu gehört zwingend, dass jene Dame sich im sicheren Stande der Ehe befinde und auch sonst möglichst unerreichbar sei.

Auch die Minnesänger selbst sind zumeist verheiratet, doch werden ihre vernachlässigten Frauen das Glück der Liebe – der niederen Minne – wohl bei anderen Leuten suchen müssen, denen das Herz noch in der Brust schlägt und nicht zu Kopfe gestiegen ist.

Ich gestehe ein, zuweilen auch solche Liebesklagen zu trällern, jedoch behaupte ich eine weite Kluft zu jenen, die ihre Angebetete bis zur Selbstaufgabe hofieren.

Unsereins, der mit seinem Spiel um Kost und Kleidung zu betteln gezwungen ist, muss auch die letzte Achtung verlieren vor jenen, die ihre Güter verkommen lassen, nur um einer Minne zu dienen, die mit Liebe nichts gemein hat.

Wenn auch mein Freund Geltar eine derbe Sprache im Munde führt, so muss ich ihm doch zustimmen, wenn er also singt:

Wan singet minnewise da ze hove vnd inme schalle;
so ist mir so not nach alter wat, das ich niht von vrowen singe.
mir weren vier kappen lieber danne ein krenzelin.
mir geb ein herre lihter sinen meidem vzem stalle,
danne ob ich als ein weher fleming vúr die frowen dringe.
ich wil bi dem wirte vnd bi dem ingesinde sin.
ich verlúse des wirtes hulde niht, bit ich in siner kleider;
so wer ime vmb ein vbriges húbschen michel leider.
git mir ein herre sin gewant, dú ere ist vnser beider.
slahen vf die minnesenger, die man rvnen siht.

Man singt am Hofe lauthals Liebeslieder;
ich aber brauche so dringend alte Kleider, dass ich nicht von den Damen singe.
Ich hätte lieber vier Mäntel als ein Kränzchen.
Eher gebe mir ein Herr seinen Hengst aus dem Stall,
als dass ich mich wie ein flämischer Galan an die Frauen heranmache.
Ich will mich beim Hausherrn und bei den Dienern aufhalten.
Ich verliere nicht die Gunst des Hausherrn, wenn ich um seine [abgelegten] Kleider bitte;
übertriebenes Scharwenzeln wäre ihm viel eher leid.
Gibt mir ein Herr sein Gewand, gereicht es uns beiden zur Ehre.
Verprügeln wir doch die Schnulzensänger, die man säuseln sieht!